Der Seelen Erwachen
Inhalt
"Der Seelen Erwachen", Goetheanum 2010. Fotos: Jochen Quast.
Inhaltsübersicht
Hilarius Gottgetreu hat die Leitung des väterlichen Holzsägewerks übernommen und will die Produktion nach geistig-künstlerischen Kriterien neu orientieren. Johannes Thomasius soll die Produkte künstlerisch gestalten, Strader die technische Leitung übernehmen und Benedictus, Maria und Capesius weithin Verständnis für die neue Produktionsweise wecken. Der Bürochef aber hält Hilarius Geistesbrüder nicht für befähigt, die geistigen Erkenntnisse in die Lebenspraxis umzusetzen; das Unternehmen würde dadurch zugrunde gerichtet.
Luzifer will indessen Johannes Schöpferkraft an den Geist von Johannes Jugend binden, der in dessen Seelentiefen als Schattenwesen wirkt. Johannes fühlt sich darum nicht mehr fähig, noch weiter für Hilarius zu arbeiten. Maria verweist Johannes auf die Welt der Elementarwesen. Mit ihnen soll er vergleichen, was ihm aus abgelebten Zeiten dämmert. Dann werde er erkennen, dass ihn dies Wesen aus den eigenen Seelentiefen nicht zwingen, sondern er es aus Geisteshöhen frei beherrschen könne. Nur widerwillig lauscht Johannes dem Chor der Gnomen und Sylphen.
Auch Capesius, der Johannes inneren Seelenkampf in geistiger Schau miterlebt hat, will nicht mehr für Hilarius wirken. Er fürchtet, dass ihn jede Erdenwirksamkeit seiner neuen Seherkräfte berauben könnte. Er wird darin später von Felix Balde bestärkt, der meint, dass man die Geistesschau fern jeder äußeren Tätigkeit verehrungsvoll im Herzen ruhen lassen müsse.
Bellicosus unterstützt Hilarius Pläne. Torquatus hingegen ist skeptisch, da sich Capesius mittlerweile von Benedictus und seinem Schülerkreis abgewandt hat- und das werfe auch Schatten auf Benedictus eignes Urteilsvermögen. Auch Romanus bezweifelt die Reife von Benedictus Geistesschülern, doch Straders Geistesart fühlt er sich eng verbunden. Ihm, so meint Romanus, könnte das Werk gelingen. Romanus Meinung beeindruckt auch den Bürochef, der Romanus als tüchtigen Lebenspraktiker schätzt.
Strader fühlt sich Capesius und Felix Balde stark verbunden, doch dass sie jeder Erdenwirksamkeit entsagen wollen, reißt zugleich einen schmerzlich tiefen Abgrund auf, denn ihm ersteht die Geistesschau nur dann, wenn er sich Tatgedanken widmen darf. Die Seelenpein weckt in Strader die Geistesschau. Aus dem Abgrund steigen Schattenwesen auf, die, Finsternis erzeugend, wild aufeinander stürzen. Maria fordert ihn auf, die Schatten mit seinem eigenen Licht zu erhellen. Doch Strader verstrahlt nur Finsternis, weil er, wie Maria ihm vorhält, zu feige sei, sein eignes Licht zu strahlen und lieber träumend im Selbstgenuss versinke. Maria zeigt ihm noch, wie Felix und Capesius im Kampf mit den Schatten ihr Geistesschwert härten, doch würden diese Schwerter für ihn nicht taugen – er müsse sein eigenes Schwert schmieden. Erschüttert erwacht Strader aus seiner Geistesschau.
Das fünfte und sechste Bild führt ins Geistgebiet und zeigt die Erlebnisse der handelnden Personen vor ihrem Herabstieg zur Geburt in das gegenwärtige Erdenleben. Über die Sonnensphäre steigen sie so bewusst zum Erleben der Weltenmitternacht in der Saturnsphäre auf, dass sie sich im späteren Erdenleben in ahnungsvollen Gedanken daran erinnern werden. Das siebente und achte Bild gibt eine Rückschau auf die frühere Inkarnation der Schicksalsgemeinschaft zur spätägyptischen Zeit. Ein junger Neophyt, eine frühere Inkarnation Marias, soll zum Berater des Königs eingeweiht werden. Der Opferweise und König – eine frühere Inkarnation des Capesius – will diese Initiation verhindern, weil der Neophyt nur geringen Sinn für irdische Sorgen habe und geistentrückt in seinem Geistesstreben nur der Selbstentfaltung hingegeben sei.
Unweit des Weihetempels verzehrt sich eine junge Ägypterin, eine frühere Inkarnation des Johannes Thomasius, vor Sehnsucht nach ihrem Geliebten, der nun als Neophyt eingeweiht werden soll. Benedictus leitet als höchster Opferweise das Initiationsritual, doch der Opferweise (Capesius) lässt die Einweihung absichtlich scheitern, indem er das magische Wort nicht denkt, welches das Ich des Neophyten während der Zeremonie ausschalten soll. So kündet der Neophyt, als er aus der Geistesschau erwacht, nicht von hohen Geisteswelten, sondern in frevelhafter Weise nur von seinen persönlichen, leibgebundenen Leidenschaften.
Die folgenden Bilder spielen wieder in der Gegenwart. Maria beginnt sich an die Erlebnisse der Weltenmitternachtsstunde zu erinnern. Auch ihre ägyptische Inkarnation wird ihr bewusst und der Hüter der Schwelle lässt sie den Zusammenhang der jungen Ägypterin mit dem Geist von Johannes Jugend erahnen.
Im Geiste schaut auch Johannes die Einweihungszeremonie des jungen Mysten und mit Hilfe Marias erkennt er, wie das sich von unerfüllter Sehnsucht verzehrende Leben der jungen Ägypterin und der schattenhafte Geist von Johannes Jugend zueinanderstreben. Und nun erkennt er auch Maria in ihrer wahren Geistgestalt. Luzifer will diese Erkenntnis hemmen, doch Benedictus weist ihn in die Schranken.
Strader quälen indessen noch immer die harten Worte, die Maria in der Geistesschau zu ihm gesprochen hatte. Benedictus macht ihm klar, dass dies in Wahrheit seine eigene Imagination war. Strader sei zu einer höheren geistigen Entwicklungsstufe aufgestiegen und von hier aus müsse ihm jetzt das früher schon Erreichte als Finsternis erscheinen und was er als Feigheit empfinde, sei für geringere Seelen Tapferkeit. Dennoch bezweifelt Strader, dass er genug Kraft haben werde, sich Romanus und dem Bürochef zu widersetzen, die von ihm fordern, sich von Benedictus und seinem Schülerkreis zu trennen. Dann berichtet er Benedictus von einer Traumvision, in der er sich in einem Schiff befand, am Steuer Benedictus. Entgegen kam ihnen ein zweites Schiff mit Romanus und dem Bürochef und an ihrer Seite Ahriman, mit dem Strader kämpfen muss und wie ihm dabei Theodora zu Hilfe eilt. Benedictus fühlt, dass dieses Bild in Straders Seele noch nicht ausgereift, wohl aber bedeutsam ist. Doch wie es sich vollziehen wird, verbirgt sich seinem Schauen.
Im zwölften Bild führt Ahriman, der den baldigen Tod Straders voraussieht, die Seele Ferdinand Reineckes in das Innere der Erde und inspiriert sie mit Gedanken, die Strader an seinem Werk endgültig irre machen und in die Fänge Ahrimans treiben sollen. Da erscheint Theodoras Seele; verlässt sie Strader nicht, solang er noch auf Erden lebt, wäre Ahrimans Kampf um Straders Seele verloren. Tatsächlich wird Strader von bitteren Zweifeln gequält, seit ihm Reinecke den Fehler in seinem Mechanismus nachweisen konnte und Hilarius, der sieht, dass sein Werk endgültig zu scheitern droht, versteht nicht, wie er sich so in Strader täuschen konnte. Romanus hingegen bleibt trotz aller Einwendungen fest von Straders Fähigkeiten überzeugt und ahnt, dass der Hüter der Schwelle an dessen Seite steht. Capesius berichtet Felix Balde, wie er geistig geschaut habe, dass Strader die Worte Felix Baldes so verwandelt habe, dass sie nun das harmonische Zusammenstreben von Mystik und äußerer Tat zu fordern scheinen. Zugleich erinnert sich Capesius der Worte Philias zur Weltenmitternachtsstunde, die Felix Balde aber unverständlich bleiben.
Frau Hilarius bittet den Bürochef, Hilarius Pläne trotz aller Bedenken zu unterstützen. Zwar gegen seine innerste Überzeugung, aber auf Romanus Urteils über Strader vertrauend, erklärt er sich dazu bereit. – Doch da überbringt der Sekretär die Nachricht, dass Strader vor wenigen Stunden gestorben sei. Erschüttert ahnt der Bürochef die Schicksalsmacht, die hier gesprochen hat. Die Pflegerin Doktor Straders berichtet, wie Theodora in Straders Gedanken bis zuletzt lebendig gegenwärtig war und überbringt Benedictus einen Brief, den Strader noch in seinen letzten Lebensstunden geschrieben hat. Strader kommt darin wieder auf die Traumvision zu sprechen, von der er Benedictus berichtet hatte. Nicht Ahriman sei in dem anderen Schiff an der Seite von Romanus und des Bürochefs gestanden, sondern sein eigenes irrtumsvolles Denken! Wenige Worte folgen noch, die Benedictus aber nicht mehr zu lesen vermag. Da tritt in der Geistesschau plötzlich Hilfe bietend ein unbekanntes Wesen an Benedictus Seite, das Benedictus aber nur als guten Geist anerkennen will, wenn es sich dem klaren Menschendenken offenbart. Da entflieht das Geistwesen und entpuppt sich als Ahriman und Benedictus erkennt, wie Ahriman, der das klare menschliche Denken durch einen altvererbten Irrtum stets zu verwirren sucht, nur durch das wache Menschendenken künftig erlöst werden kann.