
Erstes Bild
Ein Saal in indigoblauem Grundton. Er ist als Vorsaal gedacht zu den Räumen, in denen ein Mystenbund seinen Arbeiten obliegt. In freier Unterredung sind zwölf Personen anwesend, welche in der einen oder andern Art an den Bestrebungen des Mystenbundes Interesse nehmen. Außerdem: Felix Balde und Doktor Strader. Die Bilder stellen Ereignisse dar, welche etwa dreizehn Jahre nach der Zeit liegen, in welcher die «Pforte der Einweihung» spielt.
Zwölf Personen, ungeweiht, aber tatkräftig im Leben stehend, sind berufen, ihre Kräfte mit denen des Mystenbundes zu vereinen, dies sei eine geistige Forderung der Zeit. Ferdinand Reinecke sieht diesem Unterfangen jedoch höchst skeptisch entgegen, ein blinder Handlanger der ihm überheblich erscheinenden Mysten will er nicht sein. Michael Edelmann hält entgegen, dass die Taten des Bundes bezeugen, dass sie aus guten Quellen schöpfen. Vorsicht scheint Bernhard Redlich hier die erste Pflicht; wenn sich der Mystenbund vernünftige Ziele setzt, könne man sich ihm anschließen. Franziska Demut setzt hinzu, dass lange schon wahres Geisteslicht von solchen Weiheorten ströme und man das Herz dafür öffnen solle. Maria Treufels sieht wohl, dass sich in diesen Tagen vieles wandeln müsse, doch von den Mysten erhofft sie dafür wenig. Mehr verspricht sie sich von Menschen wie Doktor Strader, die mit Genie und Fertigkeit tatkräftig im Leben stehen. In Straders Werkstatt stünden jetzt schon im Kleinen solche Wunderdinge, die im Großen alle Technik revolutionieren würden. Strader selbst schildert nun, wie er schon fast resignierend hinnehmen wollte, dass alle technische Entwicklung sich der Geistentfaltung feindlich zeigen müsse. Doch im Laufe seiner Versuche seien ihm wie zufällig Gedanken aufgestiegen, die in eine ganz andere Richtung wiesen.
Es reihte dann Versuch sich an Versuch, bis endlich der Zusammenklang von Kräften auf meinem Arbeitstische sich ergab, der einst in seiner vollen Ausgestaltung rein technisch jene Freiheit bringen wird, in welcher Seelen sich entfalten können. Nicht weiter wird man Menschen zwingen müssen, in enger Arbeitsstätte würdelos ihr Dasein pflanzenähnlich zu verträumen. Man wird der Technik Kräfte so verteilen, dass jeder Mensch behaglich nutzen kann, was er zu seiner Arbeit nötig hat im eignen Heim, das er nach sich gestaltet. |
Und das sei auch der Grund, warum er dem Ruf Bruderschaft der Rosenkreuzer folgen wolle. Auch Felix Balde, der in Einsamkeit und Beschaulichkeit der Mystik Schüler geworden ist, will sich gerne dem Mystenbund anschließen.
Luise Fürchtegott merkt an, dass man sich jedenfalls ganz auf das eigene Urteil stützen müsse und nicht blindem Glauben verfallen dürfe und Friedrich Geist setzt hinzu, dass jeder Mensch den Trieb verspüren solle, die Wege der Mysten wirklich zu verstehen.
Ferdinand Reinecke gemahnt, dass sie alle nicht ohne Grund hier zusammengerufen worden wären. Thomasius, einst selbst Geistesschüler, fände nun selbst bei manch ernsten Forschern Beifall für Schriften, die den Schein der Logik borgen und doch nur Mystenschwärmerei enthalten. Die Mysten würde nun bloß fürchten, dass Thomasius ihnen den Rang streitig macht. Und Caspar Stürmer ist überhaupt empört dass diese Mystenschule immer noch so kühn die Menschenführung fordern wolle; gerade an Thomasius könne man doch klar sehen, wie wenig all diese Mystenkunst tauge und bedrückend sei es, dass selbst ein so heller Kopf wie Doktor Strader dem Mystenwahn geneigt sich zeigen kann. Georg Wahrmund schmerzen solche Worte, denn immer schon sei alles Wahrheitslicht von solchen Weiheorten geflossen und die Zeit fordere, dass dies nun in neuer Art geschehe – Thomasius sei ein großes Werk gelungen. Und Maria Kühne fügt kritisch hinzu dass Thomasius volle Anerkennung gebühre, weil er dem Denken jene Freiheit gegeben habe, die Mystenschulen ihm verwehren wollen. Hermine Hauser setzt hinzu, dass Thomasius einst als Überwinder dieser alten Mystenströmung gelten werde.
Strader hingegen betont, dass er den Mysten voll vertraue, denn auch ohne eingeweiht zu sein, könne er deutlich fühlen, dass in den Weiheorten Götterseelen den Menschenseelen liebend sich erschließen. Katherina Ratsam kann diesen Worten nur beipflichten; die Mysten hielten längst nicht mehr ihr ganzes Weisheitslicht streng verborgen und viele Menschen könnten schon fühlen, wie dieses Licht in ihren Seelen Kräfte weckt, die früher unbewusst im Innern schliefen.
Dreimaliges Klopfen verkündet das Nahen der Herren des Weiheortes und Felix Balde ist überzeugt, dass die kraftvolle Wirkung der Eingeweihten nun deutlich für sich selber sprechen werde, worauf Reinecke nur meint, dass viele schon auf manch mystisches Getue hereingefallen seien.
Wieder klopft es dreimal, dann tritt der Großmeister des Mystenbundes, Hilarius Gottgetreu, ein. Ihm folgen Magnus Bellicosus, der zweite Präzeptor, Albert Torquatus, der erste Zeremonienmeister, und Friedrich Trautmann, der zweite Zeremonienmeister.
Friedrich Trautmann begrüßt die Anwesenden. Die Zeit sei reif, dass Mystenpfade sich mit allgemeinem Menschensinn verbinden. Möglich sei dies geworden, weil nun ein Mensch gekommen sei, der das Wissen, das auf Vernunft und Sinn allein gegründet ist, in solche Formen brachte, die vermögend sind, die Geisteswelten wirklich zu begreifen. Eben dieses sei Johannes Thomasius gelungen und dadurch könne ein Band echten Verständnisses zwischen Geweihten und Ungeweihten geknüpft werden. Magnus Bellicosus fügt hinzu, dass Thomasius dafür im Dienst der Menschheit sein Künstlerdasein geopfert habe. Dann ergreift Großmeister Hillarius Gottgetreu das Wort. Der Gnade hoher Geistesmächte seien die Weisheitsschätze zu verdanken, die jeder wahre Mystenbund treu bewahre. Nun sollen diese Schätze auch den hier versammelten ungeweihten Menschen zugänglich gemacht werden, worauf Ferdinand Reinecke nur lakonisch entgegenhält, dass dies Werk durch eigne Kraft sich wirksam zeigen werde, wenn es enthält, was Menschenseelen brauchen.