Der Hüter der Schwelle

Zweites Bild

Derselbe Raum wie im vorigen Bilde. Er ist von den Personen,die zu Anfang in ihm versammelt waren, verlassen. Anwesend sind: Hilarius Gottgetreu, der Großmeister, Magnus Bellicosus, der zweite Präzeptor, Albert Torquatus, der erste Zeremonienmeister, Friedrich Trautmann, der zweite Zeremonienmeister, Maria, Johannes Thomasius; von den zu Anfang versammelten Personen sind nur geblieben: Felix Balde, Doktor Strader.

Wichtiges habe Thomasius durch sein Werk geleistet, meinen die Ordensmeister, und durch den Orden solle es nun „fruchtbar werden in allen Welten, die des Menschen Kraft dem Weltenwerden dienstbar machen können.“ Eine Meinung, die auch Felix Balde und Strader vollauf teilen. Doch Thomasius gebietet ihren Lobreden Einhalt. Ahriman habe ihm die Augen geöffnet über den wahren Wert seiner Schöpfung. Luzifer habe er sich gewidmet, ehe er sein Werk begann, und während ihn dieser mit den schönsten Bildern aus dem Geistgebiet begabte, ließ er unbemerkt in ihm die wildesten Triebe reifen. Noch schliefen sie in unbewussten Tiefen, doch die Zeit werde kommen, wo sie unausweichlich sein ganzes Wesen ergreifen. Zwar läge in seinem Werk viel Wahres, das überzeugend zur Vernunft sprechen könne, doch eben darin liege die größte Gefahr, denn man kann das Werk nicht von seinem Schöpfer trennen und er selbst werde es künftig verderben durch die bösen Kräfte, die Luzifer in ihm wachsen ließ.

Friedrich Trautmann scheint es unbegreiflich, wie Johannes dies alles wissen könne und dennoch glauben könne, dass er dem Schlechten nicht entrinnen werde. Mutig müsse er vernichten, was ihm schädlich werden könnte. Doch das zeigt Johannes nur, dass die Ordensbrüder nicht nach den wahren Weltgesetzen urteilen. Jetzt könne er noch widerstehen, doch das was Luzifer in ihn gelegt hat, würde zu solch überwältigender Stärke anwachsen und ihm das Geisteslicht verdunkeln, dass er sein Werk mit Freuden Ahriman hinopfern werde. Dies nicht erkannt zu haben, sei ein schwerer Irrtum des Ordens, der noch viel schwerwiegendere Folgen hätte für die ganze Welt als seine persönliche Verfehlung, die durch das Karma seinen Ausgleich finden könne. Das habe dem Bund das Recht genommen, auch ferner noch die Weihedienste zu leiten.

Hilarius Gottgetreu mit Bellicosus, Torquatus und Trautmann verlassen daraufhin rasch den Saal, ebenso Doktor Strader und Felix Balde. Es bleiben nur Maria und Thomasius an ihren Plätzen. Nach einer kurzen Pause treten die drei Geistgestalten Philia, Astrid und Luna in einer Lichtwolke auf und gruppieren sich so, dass sie zunächst Maria verdecken. Im Geisterlebnis vernimmt Thomasius ihre Worte und sie gehen über in die Worte, die dann Maria auch äußerlich spricht. Sie dürfe nun wieder als Gefährtin seiner Seele an seiner Seite stehen. Was Johannes bisher an geistigen Einsichten gewonnen habe, er müsse es verlieren, um es in neuer Art wiederzugewinnen. Oft schon sei er an den strengen Hüter der Schwelle herangekommen, doch noch nie an ihm vorbeigekommen. Johannes müsse erwarten, was sich ihm offenbaren werde, wenn er an ihrer Seite die Schwelle nicht nur betreten, sondern auch überschreiten werde.