Der Hüter der Schwelle

Drittes Bild

Im Reiche des Lucifer. Ein Raum, der nicht durch künstliche Wände begrenzt ist, sondern durch pflanzen- und tierähnliche und sonstige Phantasieformen. Links der Thron des Lucifer. Zuerst sind anwesend: Die Seele des Capesius und Maria. Nach einiger Zeit erscheint Lucifer. Später treten auf Benedictus, Thomasius mit seinem ätherischen Ebenbilde (Doppelgänger), dann Theodora.

Im Reich Luzifers begegnet Maria der Seele des Capesius, der sich im irdischen Leib wie in einem Kerker fühlt, der ihm den freien Blick in die Geisteswelt verdunkelt. Maria hält ihm entgegen, dass der Mensch nur im Erdenleib die Kraft zum wesenhaften «Ich» erfühlen könne, um dadurch Keime zu pflanzen, die einst im Weltenwerden zu Blüten und zu Früchten werden müssen. Doch Capesius gemahnt sie nur daran, dass sie ihm durch ihr Karma vieles schulde und von Luzifer die Tilgung dieser Schuld erbitten möge.

Nachdem Capesius abgegangen ist erscheint Luzifer. Johannes habe sich von Benedictus losgesagt und seiner Führung anvertraut. Noch habe Johannes sein wahres Wesen nicht erkannt, aber durch ihn werde er die Seherkraft erlangen, und kein Wort dürfe Maria hier sprechen, das sich auf Johannes beziehe. Hier, wo Worte Taten sind, müssten Luzifer solche Worte brennen. „Du musst sie hören“, wirft ihm Benedictus entgegen, denn „getan ist schon, was Lucifer bezwingt.“ Maria sei seine wahre Geistesschülerin und sie werde Johannes durch ihre heilenden Liebekräfte wieder in ihren Bereich ziehen. Und so erzwingt Maria, dass Johannes mit seinem ätherischen Doppelgänger vor dem Thron Luzifers erscheinen kann. Was Johannes selbst noch nicht schauen kann, müsse Luzifer nun dem Doppelgänger offenbaren und dieser würde Johannes belehren. Durch das reine Denken, das sich Johannes errungen hat, hat sich der Doppelgänger mittlerweile gewandelt. Johannes habe seine Leidenschaft überwunden und gefahrlos könne er Maria wieder nahen. Doch das will Luzifer nicht zulassen, denn nur kaltes Wissen würde dann Johannes entwickeln und alles warme Eigensein in ihm wie wesensleer und tot erscheinen. Die Leidenschaft für Maria sei überwunden, doch lieben werde er, prophezeit Luzifer, mit all der Kraft und Leidenschaft, mit der er sie einst liebte. Und mit diesen Worten wird Theodora hervorgerufen und ihre Nähe entflammt den Doppelgänger zu heftiger Leidenschaft - und diese werde auch Johannes ganz ergreifen.

Nur der hohe Opferwille Marias kann dem entgegenwirken.

Doch wisse, in dem Herzen, das Maria
in dieser Stunde dir entgegenstellt,
hat Geistesschülerschaft die Kraft belebt,
von allem Wissen stets die Eigenliebe
entfernt zu halten. Niemals will ich künftig
von jener Seligkeit mich finden lassen,
die Menschen fühlen, wenn Gedanken reifen.
Zum Opferdienst will ich das Herz mir rüsten,
dass stets mein Geist nur denken kann, um denkend
des Wissens Früchte Göttern hinzuopfern.

Was dann in ihrem Innern wirke, könne kraftvoll auf Johannes überströmen. Weisheit konnte Luzifer dem Menschen bringen, die Liebe müsse ihm aus Götterreichen fließen. „Ich werde kämpfen“, schleudert ihr Luzifer entgegen. „Und kämpfend Göttern dienen“, setzt Benedictus hinzu.