
Achtes Bild
Das Reich Ahrimans. Dunkler schluchtartiger Raum, begrenzt von Gebirgen, die aus schwarzen Gesteinsmassen in phantastischen Formen aufgetürmt sind und überall Gerippe zeigen, die wie aus der Gebirgsmasse, aber weiß, herauskristallisieren. Ahriman an einem Abhang. Hilarius, Friedrich Trautmann; dann die zwölf im ersten Vorgang versammelten Personen, dann Strader, später Thomasius und Maria; der Hüter und zuletzt der Doppelgänger des Thomasius.
Trautmann und Hilarius erscheinen im Reich Ahrimans. Trautmann graut vor dieser Welt des Todes, die er schon oft betreten hat. Doch wenn der Mystenbund Keime für die Zukunft pflanzen wolle, setzt Hilarius hinzu, so müsse er dazu Samen aus dem Toten holen, denn was sich im Erdenleben abgebraucht hat, wird hier zu neuem Sein gewandelt. Da wird mit verstellter Stimme Ahriman hörbar:
Da ihr Thomasius verloren glaubt, So scheint euch Strader nun der rechte Mensch, Der für den Mystenbund euch dienen soll. Was er aus Kräften, die natürlich wirken, Dem Menschenfortschritt hat erobern dürfen, Er dankt es mir; denn ich gebiete da, Wo Kräfte, die mechanisch brauchbar sind, Aus Schöpferquellen Stärke sich erwerben. |
Trautmann zweifelt, ob daraus Gutes fließen kann, und nicht weniger zweifelt er an der klaren Einsicht seines Meisters Hilarius. Und nachdem die beiden abgegangen sind, höhnt Ahriman:
Sie sehen mich und kennen mich doch nicht; Denn wüßten sie, wer hier Gebieter ist, Sie wären, Weisung suchend, wahrlich nicht Hierher gekommen; |
Es treten nun die zwölf Personen auf, die im ersten Bild des Dramas im Vorsaal des Mystenbundes versammelt waren, doch wird deutlich, dass sie das Reich Ahriman nur blind betreten. Was sie sprechen, sind Worte, die zwar in ihrer Seele leben, von denen sie aber doch nichts wissen. Sie erleben unbewusste Träume im Schlafe, die in Ahrimans Reich hörbar werden. Strader jedoch, der ebenfalls kommt, ist halbbewusst in Bezug auf alles, was er erlebt, so dass er sich später wird daran erinnern können. Verwundert sieht er sich in diesem Todesreich, in das ihn der Wink Benedictus geführt hat. Während die schlafenden Seelen sprechen, kommentiert Ahriman ihre Worte und Strader wird klar, in welchen Graden sie Ahriman verfallen sind. Ahriman setzt noch hinzu: „Von zwölfen brauch' ich sieben stets für mich und gebe fünf dem Bruder Luzifer.“ Doch das ist nicht die ganze Wahrheit, denn während er Strader die Ohren zuhält, muss Ahriman bekennen:
Bis jetzt ist mir ja nichts davon gelungen, Die Erde wollte sich mir nicht ergeben. Doch will ich streben durch die Ewigkeiten, Bis mir der Sieg - vielleicht gelingen wird. |
Dass Ahriman, wie dieser sagt, den Menschen Stärke gibt, ohne die sie sich im Erdensein verlieren müssten, muss Strader zugeben, doch erkennt er zugleich, dass es Wahrheit nur hier ist und Irrtum wird für die Erdenwelt. Hier gilt kein Menschendenken. Bis ins Innerste fühlt Strader den Schmerz in Ahrimans rauhen Worten: „Ich kann, - betracht' ich dich - nur - klagen, weinen.“ Dann geht er schnell ab.
Maria und Thomasius treten auf, beide vollbewusst, so dass sie alles, was vorgeht, hören und bewusst sprechen können. Thomasius spürt die schreckliche Kälte des Ortes und fühlt sich wie zusammengepresst, doch Maria gibt ihm Kraft. Thomasius fühlt, dass er freudlos hier die Seele schauen soll, die zu schauen er so heiß begehrt. Und Ahriman setzt hinzu:
Der Wunsch beglückt nur, wenn die Seelenwärme Ihn pflegen kann; doch hier erfrieren Wünsche Und müssen so sich noch in Kälte leben. |
Der strenge Hüter muss nun Johannes Thomasius das Licht der Wahrheit bringen. Wieder sieht Thomasius den würdevollen Greis:
Es muß, es darf nur Theodora sein. O schon erschaffet sich die Wirklichkeit Aus erst verhülltem Bildesleben - Theo ... ich selbst. |
Und mit diesen letzten Worten, die Johannes erschüttert spricht, erscheint sein Doppelgänger: „Erkenne mich - und schaue dich in mir.“ Und mit Donnerrollen hüllt sich die Szene in Finsternis.