
Erstes Bild
Ein Bibliothek– und Studierzimmer des Capesius. Brauner Grundton. Abendstimmung. (CAPESIUS dann Geistgestalten, die SEELENKRÄFTE sind; hernach BENEDICTUS. Dieses und die folgenden Bilder stellen Ereignisse dar, welche mehrere Jahre nach der Zeit liegen, in welcher „Die Pforte der Einweihung“ spielt.)
Capesius brütet über einem Buch des Benedictus. Dass sein bisheriges Erkenntnisstreben nur ein leeres Sinnen war, das sich selbstgefällig im eigenen Gedankenspinnen verlor, ist ihm mittlerweile schmerzlich bewusst geworden. Am Beispiel des Johannes Thomasius ist ihm aber auch klar geworden, dass die in den Seelentiefen des Menschen wirkenden Geisteskräfte nur darauf warten, bewusst erweckt zu werden und dass es des Lebens größte Sünde wäre, diesen Geistesschatz verfallen zu lassen. Doch machtlos fühlt er sich, diesen Lebensquell des Geistes zu fassen und zugleich quält ihn die Angst, dass sein ganzes bisheriges Leben zusammenstürzen und er selbst zum Nichts sich wandeln müsste, wenn es gelänge. Wieder vertieft er sich in die Worte des Benedictus:
„In
deinem Denken leben Weltgedanken, in deinem Fühlen weben Weltenkräfte, in deinem Willen wirken Weltenwesen. Verliere dich in Weltgedanken, erlebe dich durch Weltenkräfte, erschaffe dich aus Willenswesen. Bei Weltenfernen ende nicht Durch Denkentraumesspiel – – –, beginne in den Geistesweiten, und ende in den eignen Seelentiefen: – du findest Götterziele erkennend dich in dir.“ |
Diese Worte haben für ihn in diesem Moment weckende geistige Kraft. In eine Vision versinkend, sieht er sich von den Seelenkräften Luna und Astrid umschwebt, die die Verbindung der menschlichen Seelenkräfte mit dem Kosmos vermitteln, und von der widerstrebenden andren Philia, die ihn im bloßen Erdenbewusstsein zurückhalten will. Auch die Geistesstimme des geistigen Gewissens ertönt. Dass wirkliche geistige Wesen zu ihm sprechen, wird Capesius ahnungsvoll bewusst:
„denn
nimmer könnte ich ersinnen, was ich zu hören meinte – –„ |
Doch sich selbst fühlt er nun ganz verloren: „Wo ist ….. Capesius?“ Wieder versinkt er brütend in sich selbst, da tritt Benedictus ein. Er erkennt, dass Capesius vor einer schweren Seelenprüfung steht, die ihm aber die erste Pforte zu wirklicher Geistesschau eröffnen kann, wenn er nur sich selbst dabei bewahrt. Den tieferen Sinn von Benedictus Worten kann Capesius noch nicht erfassen, aber:
„Vertrauen
doch erzwingt sein Tun; er hat mich wieder zu mir selbst gebracht. So mag für diese Stunde mir ungewiß auch bleiben das Zauberwesen, daß mich schreckte; ich will mich frei entgegenstellen den Dingen, welche er prophetisch mir vorher verkündet.“ |